
Eigentlich wollte ich ja nach dem zweiten Kurzgeschichtenband des Hexers mal wieder ein „langes“ Buch lesen. Ich hatte mir sogar schon eins ausgesucht, das auf meiner Leseliste mit dem großen, fetten Tag „NEXT“ markiert war.
Aber dann kam mir dieses Buch dazwischen.
„A Night On The Rocks“, eine Anthologie mit 12 Kurzgeschichten verschiedenster Autoren, herausgegeben von Michaela Harich.
Im Mittelpunkt der Geschichten steht eine Bar, beziehungsweise die Cocktails, die darin serviert werden – jede Geschichte passt thematisch zum jeweiligen Cocktail. Unter den beteiligten Autoren war auch ein für mich bekannter Name dabei: Susanne Pavlovic.
Pavlovics Geschichte mit dem Titel „Liebe, vielleicht“ bildet den Auftakt der Anthologie und bleibt auch die für mich beste in der Sammlung. Sie handelt, grob gesagt, von einem Mann auf der Flucht, der in der erwähnten Bar Unterschlupf sucht, bevor er weiterziehen kann. Im Gepäck hat er einen Jungen, der nicht ihm gehört. Die Erzählperspektive ist ungewöhnlich, aber ich finde, sie gelingt und hat mich in den Bann gezogen.
Insgesamt setzt die Geschichte einen Maßstab, dem die restlichen Geschichten leider nicht immer gerecht werden können. Bei manch einer Geschichte habe ich den roten Faden nicht ganz gefunden, andere haben mich stilistisch nicht überzeugt, obwohl sie ein spannendes Konzept hatten. Das ist allerdings ein ganz natürliches Risiko bei einer Anthologie verschiedener Autoren und meines Erachtens nach nichts Schlechtes. Bei einer Pralinenpackung gibt es eben auch nicht immer Marc de Champagne Trüffel (nomnom!), sondern auch Nougat (hrgh!).
Eine weitere Geschichte stach für mich heraus: „2206“ von Lisanne Surborg. Auf zwei Ebenen und zwei Zeitsträngen wird hier eine Beziehung erzählt, die zerbrochen ist – richtig und unwiderbringlich, was mir als Leser natürlich klar ist und ich daher atemlos mitgezerrt werde in die Eskalation. Ich liebe, LIEBE das Ende dieser Geschichte.
Eine Geschichte habe ich übersprungen; „Lynchburg Lemonade“ hat mehrere Triggerwarnungen und da mich der Stil auf der ersten Seite nicht überzeugen konnte, habe ich sie ausgelassen.
Apropos Triggerwarnungen: „A Night on the Rocks“ hat welche, und sie können auf der Impressumsseite eingesehen werden. Ich finde das in diesem Kontext eine gute Lösung für eine Anthologie.
Fazit
Wer düstere, phantastische und teils dystopische Kurzgeschichten mag, sollte in diese Sammlung definitiv einmal reinschnuppern. Nicht alle Geschichten überzeugen, doch die Bar – und die darin servierten Cocktails – bilden den Wegweiser von einer zur nächsten.
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