
Wer bei Benz & Benson in die dritte Runde der Vorstellunggespräche kommt, hat es fast geschafft. Kevins harte Arbeit während des Studiums hat sich bezahlt gemacht, denn er glaubt eine neue Anwaltsposition sicher. Doch dann nimmt das Gespräch eine Wendung, die er nicht erwartet hat.
Lesedauer: ca. 15 Minuten
Er starrte auf die schwitzigen Fingerabdrücke auf seinem Wasserglas. Ob er noch nach einem dritten Wasser fragen konnte? Nein, zwei waren schon genug. Er war ja nicht zum Trinken hier und was machte das eigentlich für einen Eindruck?
Trotzdem. Sein Mund fühlte sich von Minute zu Minute trockener an.
Es war doch nur ein Bewerbungsgespräch.
Kein Grund, so nervös zu sein.
„Kevin Meiers?“ Die junge Rezeptionistin, die ihm auch die beiden Wasserflaschen gebracht hatte, stand nun mit einem Klemmbrett vor ihm und sah ihn auffordernd an. „Wir sind dann soweit.“
Kevin warf noch einen letzten Blick auf das Glas und unterdrückte dann den Drang zu schlucken. Reiß dich zusammen.
Im Konferenzzimmer saßen zwei Männer und eine Frau, alle in maßgeschneiderten Anzügen. Sein Vater hatte ihm damals den Anzug zum Studiumsbeginn geschenkt. Ein maßgeschneiderter Anzug, so hatte er gesagt, passte immer. Er hatte ihm auf der Straße immer und immer wieder Männer in Anzügen gezeigt, die nicht richtig saßen. Als Anwalt konnte man sich so etwas nicht leisten.
Dennoch fühlte sich Kevin jetzt in dem Anzug nicht wohler. Maßgeschneidert hin oder her, das hier war eine der renommiertesten Anwaltskanzleien des Landes. Nervosität war angebracht.
Kevin setzte sich den dreien gegenüber. An seinem Platz stand ein Wasserglas, und sein Mund fühlte sich gleich wieder trocken an. Doch er zwang sich dazu, es erstmal stehen zu lassen.
„Kevin Meiers, mein Name ist Kensington“, sagte die Frau und sah ihn streng an. Sie hatte ihre dunkelblonden Haare zu einem strengen Dutt gerafft und trug eine dieser schwarz gerahmten Brillen, die Kevin eigentlich hässlich fand. Zu Kensington aber passte sie. Die Brille lies sie noch strenger wirken. „Das sind meine Kollegen Brunt und Kent.“ Beide Männer nickten ihm zu. „Schön, dass Sie Zeit für uns hatten.“
„Vielen Dank für Ihre Einladung“, sagte Kevin und räusperte sich. Ein guter Moment um unauffällig etwas zu trinken. Er nahm einen Schluck Wasser. Er wusste, dass von den mehreren hundert Bewerbern nur wenige in die dritte Vorstellungsrunde kamen. Er hatte es fast geschafft. Jetzt musste er sich nur noch zusammen reißen …

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